Am Samstag, 12. November 2022, starteten knapp 20 Mitglieder und Freunde des Heimatpflegevereins Untermais um halb zwei mit dem Linienbus nach Bozen und besuchten das Dokumentationszentrum unter dem Siegesdenkmal in Bozen.
Nach einer kurzen Kaffeepause unter den Mussolinilauben begann die Führung durch einen Bozner Historiker an der Westseite des Bauwerks mit einem Überblick über die Baugeschichte des Denkmals, das der damals bekannte italienische Architekt Marcello Piacentini entwarf. Der Bau wurde nach dem Abbruch des halbfertigen Kaiserjägerdenkmals in Marmor errichtet und im Jahr 1928 von Mussolini, dem italienischen König Victor Emanuel III und dem Trientner Erzbischof Endrizzi eingeweiht. An der Westseite finden sich im Giebel des Monuments drei Medaillons von Pietro Canonica, die einen den Vogelflug studierenden Icarus, eine mit wehenden Fahnen vorwärts stürmende Italia und einen feuerbringenden Prometheus darstellen. Die darunter stehende Inschrift verweist auf eine der Hauptfunktionen des Denkmals:
“IN HONOREM ET MEMORIAM FORTISSIMORVM VIRORVM QVI IVSTIS ARMIS STRENVE
PVGNANTES HANC PATRIAM SANGVINE SVO PARAVERVNT ITALI OMNES AER COLL”
„Zur Ehre und zum Gedenken der überaus tapferen Männer, die in rechtmäßigen Waffengängen entschlossen kämpfend mit ihrem Blut dieses Vaterland gewannen, sammelten alle Italiener Geld dieses Denkmal.“
Anschließend umrundeten die Besucher das Bauwerk. Die Teilnehmer bemerkten den rundumlaufenden Zaun, der Besucher von aus der Fassade bröckelnden Verkleidungsplatten schützen sollte, anstelle des Zaunes, der lange Zeit das Denkmal selbst vor Teroristen schützen sollte und sahen sich die gigantischen Säulen in Form von „römischen“ Liktorenbündeln an. Die Besucher genosssen fast mehr den Blick über die Talferbrücke bis zum Rosengarten als die Stadtansicht des Denkmals mit der von Arturo Dazzi geschaffenen und der im Giebel dargestellten Siegesgöttin, die einen Pfeil gegen den „germanischen Norden“ abschießt.
Darunter findet sich folgende lateinische Inschrift:
“HIC PATRIAE FINES SISTE SIGNA
HINC CETEROS EXCOLVIMVS LINGVA LEGIBVS ARTIBVS”
„Hier an den Grenzen des Vaterlandes setze die Zeichen. Von hier aus bildeten wir die Übrigen durch Sprache, Gesetze und Künste.“ Eigentlich sollte statt „ceteros“ das Wort „barbaros“ (Barbaren) stehen.
Schließlich machten die Vereinsmitglieder und Gäste noch einen Rundgang in den unter dem Denkmal liegenden Räumen.
Unser Historiker erläuterte: Erst im 21. Jahrhundert kam es zu konkreten Bemühungen um eine symbolische Entschärfung bzw. Historisierung des Denkmals. Im Jahr 2002 wurde der Siegesplatz von der Stadt Bozen in „Friedensplatz“ (Piazza della Pace) umbenannt. Die Einwohner der Stadt Bozen (rund 73 % italienisch- und 26 % deutschsprachig) sprachen sich allerdings in einem kurz darauf abgehaltenen Referendum mehrheitlich für den alten Namen Siegesplatz aus, den der Platz seitdem wieder trägt.
Am 26. Jänner 2011 sicherte der italienische Kultusminister zu, die laufende Sanierung zu stoppen und erst dann wieder aufzunehmen, sobald mit dem Land Südtirol und der Gemeinde Bozen eine einvernehmliche Lösung für die künftige Zweckbestimmung gefunden würde. In der Folge (2014) kam man überein, in der „Krypta“ und den anliegenden Räumlichkeiten unterhalb des Bauwerks ein Dokumentationszentrum zur Bozner und Südtiroler Geschichte während der faschistischen und nationalsozialistischen Herrschaft entstehen zu lassen mit der Dauerausstellung „BZ ’18–’45: ein Denkmal, eine Stadt, zwei Diktaturen“.
Nach einer guten Stunde hatten die Untermaiser Heimatpfleger eine ganze Menge Interssantes über die Entstehungsgeschichte und die historische und gegenwärtige Verwendung des Monuments erfahren und machten sich sofort auf den Heimweg, um noch rechtzeitig die Teilnahme am Kirchenkonzert der Bürgerkapelle Untermais in der Pfarrkirche zu schaffen.